[aus ZAK 20] Je nach Substanz in Hieraus läßt sich bereits ableiten, daß eine Epilepsie keinen Hinderungsgrund für eine Schwangerschaft darstellt. Allerdings ist es unbedingt notwendig, daß sich Patientinnen umfassend informieren, um einerseits ihr Risiko realistisch einschätzen zu können und andererseits notwendige Vorkehrungen treffen, um dieses Risiko so gering wie möglich zu halten.
Im weiteren soll auf die wichtigsten Problemstellungen kurz eingegangen werden.
Auftreten von Fehlbildungen beim Kind
Das Risiko von Fehlbildungen beim Kind hängt ursächlich nicht nur mit der Epilepsie, sondern auch mit der notwendigen Einnahme anti-epileptisch wirksamer Medikamente zusammen. Deren Einnahme ist aber auch während der Schwangerschaft unbedingt notwendig, da das Risiko einer Schädigung von Mutter und Kind durch das Auftreten (v.a. großer) Anfälle wesentlich höher ist als das Risiko einer Fehlbildung beim Säugling.
Während das Risiko einer schwerwiegende Fehlbildung bei einer gesunden Frau bis zu 2% beträgt, liegt es für Mütter mit Epilepsie bei bis zu 6%.
Kleine Fehlbildungen (sog. Dysmorphien) können in bis zu 10% der Fälle auftreten, führen aber häufig nur zu unbedeutenden „kosmetischen Fehlern”.
Risikofaktoren sind neben einer genetischen Prädisposition, die naturgemäß nicht beeinflußt werden kann, die Einnahme von mehreren Antiepileptika, die Einnahme hoher Dosen von Antiepileptika sowie der Mangel an Folsäure. Da die Ausbildung der meisten Organe bereits in den ersten Schwangerschaftsmonaten beendet ist, sollte die Einnahme der Folsäure ideal erweise bereits vor Einsetzen der Schwangerschaft begonnen werden.
Eine Epilepsie des Vaters hat einen wesentlich geringeren Einfluß auf das Fehlbildungsrisiko des Säuglings, dennoch ist das Risiko gegenüber Kontrollpersonen leicht erhöht.
Hinweis:
Kontaktieren Sie ihren behandelnden Neurologen bereits zu jenem Zeitpunkt, an dem Sie an die Möglichkeit einer Schwangerschaft denken. Die Einnahme der Folsäure bewirkt, dass das Risiko von schweren Mißbildungen (sog. Neuralrohrdefekten) um 1/3 gesenkt wird. Sie hat keine relevanten Nebenwirkungen und sollte daher möglichst frühzeitig erfolgen, gegebenenfalls auch bereits einige Monate vor Eintritt der Schwangerschaft.
Hinweis:
Besprechen Sie mit ihrem behandelnden Arzt die eventuelle Möglichkeit einer Dosisreduktion.
Auch wenn Sie mehrere Medikamente gleichzeitig nehmen, über eine Therapievereinfachung. Aus diesem Grund ist die frühzeitige Kontaktaufnahme mit dem Neurologen (idealerweise noch vor Eintritt der Schwangerschaft) sinnvoll, da eine Änderung der Medikation während der Schwangerschaft nicht erfolgen sollte.
Hinweis:
Die Wirkung mancher oraler Kontrazeptiva (sog. Anti-Baby-Pille mit niedrigem Östrogengehalt) kann durch bestimmte Antiepileptika abgeschwächt werden, so daß trotz zuverlässiger Einnahme eine ungewollte Schwangerschaft wesentlich häufiger als sonst eintreten kann. Teilen Sie ihrem Arzt immer mit, welche Medikamente Sie neben den von ihm verordneten Arzneien noch einnehmen.
Auftreten von Anfällen beim Kind
(„Ist Epilepsie vererbbar?”)
Bei der Epilepsie handelt es sich nicht um eine Erbkrankheit im engeren Sinn, wenn auch genetische Faktoren bei der Entstehung einer Epilepsie nachweislich eine Rolle spielen.
Grundsätzlich haben Kinder epilepsiekranker Mütter ein höheres Risiko als solche von Vätern mit Epilepsie ebenfalls Anfälle zu bekommen. Das prozentuelle Risiko, „sein” Anfallsleiden zu vererben, hängt aber in erster Linie von der Art der Epilepsie ab. So beträgt das Risiko für fokale Anfälle 3-4%, während es bei generalisierten Epilepsien bis zu 10% ausmachen kann. Auch innerhalb dieser beiden Gruppen gibt es beträchtliche Unterschiede, so dass das Risiko nur bei genauer Kenntnis des Epilepsiesyndroms einigermaßen realistisch eingeschätzt werden kann.
Häufung der Anfallsfrequenz der Schwangeren
In einer Untersuchung an 2000 Frauen konnte gezeigt werden, daß die Häufigkeit epileptischer Anfälle während der Schwangerschaft bei 50% unverändert, bei 25% niedriger und bei 25% aller Frauen höher war.
Letzteres hatte seine Ursache zum Teil darin, daß Patientinnen die Antiepileptika eigenmächtig reduzierten, aus Angst vor Schäden für das Ungeborene.
Zu einem beträchtlichen Teil spielen aber auch Änderungen des Stoffwechsels und damit der Verarbeitung der Medikamente im Körper eine Rolle.
Geburt
Die Entbindung verläuft bei Frauen mit Epilepsie nicht komplizierter als bei Gesunden. Die Durchführung eines Kaiserschnittes sollte daher nicht großzügiger als sonst gehandhabt werden. Auch die vorzeitige Einleitung der Geburt nur aufgrund einer Epilepsie der Mutter ist nicht gerechtfertigt.
Auch die Anwesenheit eines Neurologen oder Pädiaters bei der Geburt sind nicht nötig, wenn auch es günstig erscheint, daß solche im Spital auf Abruf bereitstehen und konsultiert werden können.
Die Kindessterblichkeit zwischen der neunundzwanzigsten Schwangerschaftswoche und dem siebentem Lebenstag ist um das 1,5-2 fache erhöht, wobei der Grund dafür nicht bekannt ist. Blutungen, die um die Schwangerschaft gehäuft auftreten und eine ernsthafte Bedrohung für den Säugling darstellen, können durch Gaben von Vitamin-K verhindert werden. Daher sollte die Schwangere im letzten Schwangerschaftsmonat täglich 10mg Vitamin – K pro Tag erhalten.
Wochenbett
Antiepileptika gehen je nach Substanz in unterschiedlichem Ausmaß in die Muttermilch über. Prinzipiell gilt jedoch, dass das ungeborene Kind über das mütterliche Blut wesentlich höheren Wirkspiegeln ausgesetzt ist. Frauen mit Epilepsie sollten daher, wie andere auch, ihr Kind nach Möglichkeit stillen. Eine Einschränkung gilt nur für sedierende Antiepileptika in hohen Dosen, da diese zu einer verstärkten
Müdigkeit und Trinkschwäche beim Kind führen können.
Nach der Schwangerschaft kann es – bei gleicher Dosierung der Antiepileptika – zu einem Anstieg der Serumspiegel dieser Medikamente und damit unter Umständen zum Auftreten von unerwünschten Nebenwirkungen kommen. Solche Nebenwirkungen machen wieder eine Dosisreduktion notwendig. Umgekehrt kann es bei manchen Frauen auch zu einem Absinken der Medikamentenspiegel kommen, was zum gehäuften Auftreten von Anfällen führen kann. Eine solche Anfallshäufung kann aber oftmals auch durch Schlafmangel (insbesondere auch hervorgerufen durch das Stillen) verursacht werden.
Hinweis:
Die Einnahme von Antiepileptika ist KEIN Grund, nicht zu stillen.
Hinweis:
Kontaktieren Sie nach der Geburt, insbesondere wenn es zur Anfallshäufung oder zum Auftreten unerwünschter Nebenwirkungen kommt, ihren Arzt.
Es müsste der Serumspiegel kontrolliert und die Dosis, wenn nötig angepaßt werden.
Dr. Fritz Leutmezer