Epilepsie und Schwangerschaft
[aus ZAK 18] Dürfen Epilepsiepatientinnen schwanger werden? Epilepsie und Schwangerschaft ist ein komplexes Thema. Grundsätzlich gilt, daß die Verantwortung für eine Schwangerschaft ausschließlich bei der Patientin selbst liegt.
Der Arzt kann nur informieren. Jede Schwangerschaft, auch die einer gesunden Frau, ist mit einem Risiko für die Mutter und das werdende Kind behaftet. Diese Risken sind bei Epilepsiepatientinnen etwas höher, als in der Durchschnittsbevölkerung.
Bei den Risken sind zu unterscheiden:
1. das Risiko für den Epilepsieverlauf
2. die Risken für die Schwangerschaft
3. die Risken für den Fötus durch Anfälle und die Einnahme der anti-epileptischen Medikamente
4. die Risken für das Kind, ebenfalls an einer Epilepsie zu leiden.
Während der Schwangerschaft bleibt die Anfallsfrequenz bei den meisten Frauen gleich, ein kleiner Prozentsatz der Frauen erfährt eine Besserung der Anfallsfrequenz, ein weiterer Prozentsatz eine Verschlechterung. Eine sichere Voraussage ist nicht möglich. Der Prozentsatz an Komplikationen in der Schwangerschaft ist bei epilepsiekranken werdenden Müttern etwas höher. Dieses erhöhte Risiko ist aber nicht von vornherein als Grund für die Vermeidung einer Schwangerschaft anzusehen. Anfälle und die Einnahme anti-epileptischer Medikamente können das Risiko von Fehlbildungen beim Fötus erhöhen.
Zahlenmäßige Angaben über ein erhöhtes Risiko können vom Arzt detailliert angeführt werden. Auch hier gilt, daß dieses Risiko keineswegs in einem Ausmaß erhöht ist, daß von einer Schwangerschaft prinzipiell abgeraten werden muß. Durch Fruchtwasseruntersuchungen (Amniozentese) können gröbere Mißbildungen bereits in den ersten Schwangerschaftsmonaten erkannt werden. Liegt eine gröbere Mißbildung vor, besteht die Möglichkeit zu einer ärztlich indizierten Unterbrechung der Schwangerschaft. Generell allerdings kann das gleichzeitige Bestehen von Epilepsie und Schwangerschaft nicht als medizinische Indikation für eine Unterbrechung angesehen werden.
In diesem Zusammenhang ist auch wichtig anzuführen, daß eine Fruchtwasseruntersuchung selbst ebenfalls gewisse Risken enthält. Die Entscheidung, ob eine Fruchtwasseruntersuchung durchgeführt werden soll, muß die Patientin selber treffen. Das Risiko, daß das Kind selbst wiederum an Epilepsie leidet, ist differenziert zu beantworten. Prinzipiell haben ein erhöhtes Risiko nur Kinder von Müttern, die an einer erblich mitbedingten, idiopatischen, generalisierten Epilepsie leiden. Hier kann der Arzt prozentmäßige Riskenerhöhungen angeben. Auch hier gilt, daß das Risiko keineswegs so groß ist, daß von einer Schwangerschaft generell abgeraten werden muß. Insbesondere deshalb, da genetisch mitbedingte Epilepsien zu den gut behandelbaren gehören. Zusammenfassend ist zu sagen, daß es keinen zwingenden Grund gibt, einer Epilepsiepatientin von einer Schwangerschaft von vornherein abzuraten.
Die erhöhten Risken müssen erwogen werden, die Entscheidung bleibt eine persönliche Entscheidung der einzelnen Patientin. Während der Schwangerschaft muß die Patientin die Medikation gegen Epilepsie unverändert fortführen. Monatliche Serumspiegelkontrollen scheinen sinnvoll, da es während der Schwangerschaft zu einem Absinken der Serumspiegelkonzentration kommen kann. Außerdem ist eine Betreuung während der Schwangerschaft durch eine Risikoambulanz anzuraten.
In diesem Zusammenhang soll noch der Gebrauch antikonzeptioneller Medikamente durch Epilepsiepatientinnen erörtert werden. Epilepsiepatientinnen können die Pille verwenden. Eine erhöhte Anfallsgefährdung durch die gleichzeitige Einnahme der Pille besteht nicht. Einige Anti-Epileptika können den Abbau der Pille fördern, sodaß die Patientinnen hormonreichere Präparate nehmen müssen. Als ein Hinweis für das Vorliegen einer derartigen Wechselwirkung mit der Pille kann das Auftreten von Durchbruchsblutungen während der Pilleneinnahme angesehen werden. Der Frauenarzt sollte die Patientin bei der Wahl der Pille beraten.