Epilepsie: Neues zu Lifestyle und Therapie

Die Epilepsie ist mit einer Prävalenz von 5–9/1.000 eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen, in Österreich leiden rund 65.000 Menschen daran. Trotz der Fortschritte in der Behandlung ist die soziale Situation der Betroffenen vielfach immer noch durch Ablehnung, Verständnislosigkeit und Ausgrenzung geprägt, die sowohl auf das Privat- als auch das Berufsleben Einfluss nimmt.

Neben den epileptischen Anfällen per se sind Faktoren wie Begleitdepression, Medikamentennebenwirkungen und psychosoziale Einschränkungen für Lebensqualität und Lifestyle wichtig. „Für eine optimale Therapie ist es deshalb entscheidend, die Epilepsie und ihre psychosozialen Implikationen aus der Sicht des Patienten zu verstehen“, erklärte Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Christoph Baumgartner, Vorstand der 2. Neurologischen Abteilung des KH Hietzing mit Neurologischem Zentrum Rosenhügel. Anfallsfreiheit bzw. Anfallskontrolle ist prinzipiell das wichtigste Ziel jeder Epilepsietherapie, die Verträglichkeit der anti-epileptischen Medikation ist dabei aber von entscheidender Bedeutung für die Lebensqualität der Betroffenen. Die Häufigkeit medikamentöser Nebenwirkungen wird jedoch von den behandelnden Ärzten meist unterschätzt, da diese von den Patienten meist nicht aktiv berichtet werden, sondern systematisch erfragt werden müssen.

Depression ist die häufigste Begleiterkrankung bei Epilepsie (Abb. 1), die Prävalenz bei gut kontrollierter Epilepsie beträgt 3–9% und 20–55% bei Patienten mit schwer behandelbarer Epilepsie. Weitere häufige Begleiterkrankungen sind verschiedene Formen von Schlafstörungen. Epilepsiepatienten haben aber auch eine 10-fach erhöhte Suizidrate im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung. „Aus verschiedenen Studien weiß man jedoch, dass Depressionen bei Epilepsiepatienten unterdiagnostiziert und unzureichend behandelt werden“, gab Baumgartner zu bedenken, „man weiß aber auch, dass das Vorliegen und der Schweregrad einer Depression entscheidender für die Lebensqualität von Epilepsiepatienten sind als die Anfallsfrequenz.“ Dies unterstreicht die Notwendigkeit einer frühzeitigen Diagnose und Therapie, wobei betont werden soll, dass das epileptogene Potenzial von Antidepressiva ein vernachlässigbares Risiko darstellt.

Für den Patienten bedeutende Einschränkungen der Lebensqualität

Weitere Einschränkungen der Lebensqualität erfahren Epilepsiepatienten durch die in den meisten Ländern geforderte mindestens 1-jährige Anfallsfreiheit vor der Erteilung der Fahrerlaubnis, die insbesondere für Patienten, die in ländlichen Regionen leben, einen signifikanten Einschnitt für ihre berufliche und private Lebensführung darstellt.

Nahezu die Hälfte der Epilepsiepatienten berichtet von kognitiven Einschränkungen, u.a. in den Bereichen Gedächtnis, Konzentrationsfähigkeit und Sprache. Die Ursachen hierfür sind multifaktoriell und umfassen die der Epilepsie zugrunde liegende Neuropathologie, die Anfälle mit ihren postiktalen Effekten, die Nebenwirkungen der antiepileptischen Therapie und psychosoziale Faktoren. Häufig werden Epilepsiepatienten am Arbeitsplatz mit erheblichen Problemen konfrontiert, beispielsweise Ausschluss von bestimmten Tätigkeiten, eingeschränkte Karrieremöglichkeiten, Diskriminierung durch Arbeitskollegen, verminderte Leistungsfähigkeit durch Nebenwirkungen der Antiepileptika oder vermehrte Fehlzeiten durch Anfälle. Auch die Arbeitslosenrate liegt bei Epilepsiepatienten signifikant über der in der Allgemeinbevölkerung. Epilepsie ist nach wie vor eine stigmatisierende Erkrankung. Die Hälfte aller Patienten fühlt sich durch die Erkrankung stigmatisiert, ein Viertel der Patienten empfindet das soziale Stigma gar als Hauptproblem.

Die Wahl der initialen Monotherapie

Die initiale Monotherapie stellt für Epilepsiepatienten eine wichtige Entscheidung dar, da 50% aller Patienten mit dem ersten Antiepileptikum anfallsfrei werden und die Einnahme meist über mehrere Jahre notwendig ist. „Wie effektiv sind aber nun die untersuchten Medikamente und welches Antiepileptikum ist die beste Option bei einer neu diagnostizierten Epilepsie bei dem individuellen Patienten?“, stellte Univ.-Doz. Dr. Eugen Trinka von der Univ.-Klinik für Neurologie in Innsbruck als Frage in den Raum. Das Armamentarium an antiepileptischen Medikamenten ist während der letzten Jahre stetig gewachsen. Zur Entscheidungsfindung bei der Wahl des besten Antiepileptikums tragen Leitlinien der jeweiligen Dachverbände bei, deren Empfehlungen auf Daten randomisierter kontrollierter Studien basieren (z.B. Leitlinien der ILAE, der internationalen Liga gegen Epilepsie). Diese Empfehlungen der einzelnen Guidelines weichen jedoch teilweise voneinander ab und auch die Evidenzkriterien der durchgeführten Studien sind oft unterschiedlich. Bei der Wahl des Medikamentes spielen aber auch andere Faktoren eine Rolle, wie beispielsweise die Meinung von Experten und Kollegen, eigene Erfahrungen, Gewohnheiten und Charakteristika der Patienten. International gesehen hängt die Auswahl natürlich auch von der Verfügbarkeit im Land ab.

Eine doppelblinde, randomisierte Phase-III-Studie, die den Standards der neuen Guidelines der ILAE entspricht, zeigte bei Patienten mit neu diagnostizierter Epilepsie mit partiellen oder tonisch-klonischen Anfällen eine vergleichbare Wirksamkeit von Levetiracetam als Monotherapie und der Standardtherapie Carbamazepin retard. 73% der Patienten unter Levetiracetam und 72,8% unter Carbamazepin blieben über einen Zeitraum von sechs Monaten nach der letzten Dosisanpassung anfallsfrei (Abb. 2). Zu Behandlungsabbrüchen oder notwendigen Dosisanpassungen aufgrund von Nebenwirkungen kam es unter Levetiracetam signifikant seltener als unter Carbamazepin retard (16,1% versus 23,0%, p=0,046).

Monotherapie

Autor:
Dr. Lena Lang

Quelle des Artikels Epilepsie: Neues zu Lifestyle und Therapie:
6. Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Neurologie (ÖGN), Satellitensymposium „Epilepsie: Neues zu Lifestyle und Therapie“ der Firma UCB, 7. Februar 2008, Innsbruck