Autobiografie: Wie der “Schulstress” ein ganzes Leben verändern kann…
Vor nunmehr etwa 15 Jahren änderte sich mein Leben im wahrsten Sinne des Wortes “von heute auf morgen”.
Vor diesem schicksalhaften Tag ging ich abends zu Bett, ohne irgendwelche Anzeichen eines Unwohlseins oder einer x-beliebigen Krankheit.
Doch ab dem darauffolgenden Morgen sollte nichts mehr so sein, wie es war.
An jenem bewussten Sonntag nämlich wurde ich um ca. halb neun Uhr morgens von meinem ersten Anfall (ich war damals elf Jahre alt) buchstäblich aus dem Schlaf gerissen. Nicht ahnend, was hinter diesem bizarren „Weckruf“ steckte, stürmte ich bei vollem Bewusstsein und ohne jegliche Anzeichen von Krämpfen mit diesem metallischen, leicht brennenden Geschmack und panischen Erstickungsängsten zu meinen Eltern. Mittlerweile jedoch war das Schlimmste schon vorüber. Alles, was vorerst übrig blieb, war Unsicherheit und ratlose Gesichter.
Die Schilderung solcher Vorfälle löste jedoch bei so manchem praktischen Arzt oder auch der Kinderärztin ratloses Kopfschütteln aus – die einzige plausible Erklärung für diese Symptome war „vielleicht is es der Schulstress“. Über die folgenden vier Jahre hinweg wurden daher einige Psychologen aufgesucht. Jede(r) hörte damals die gleiche Geschichte, aber bei keinem schellten auch nur ansatzweise die Alarmglocken.
Erst als ich im Februar 1996 mit meinem ersten Grand Mal-Anfall ins Krankenhaus kam, wachte man in Oberösterreich langsam auf: „… wir wissen net, was es is, aber wenn’s noch amal vorkommt, gehört’s genauer abgeklärt …“.
Als dann wenige Wochen darauf die genaue Abklärung sein musste, ging alles relativ schnell: Es wurde im April 1996 ein Gehirntumor festgestellt – die Diagnose wurde mir im Alter von 15 Jahren auf sehr inhumane Weise mitgeteilt.
Aufgrund mehrerer ärztlicher Fehltritte im Arzt-Patienten-Verhältnis im Zuge der Diagnosestellung und wegen einer dringenden Empfehlung aus unserem Bekanntenkreis erfolgte die erste Operation am rechten Schläfenlappen, bei der der gutartige Tumor entfernt wurde, im Mai 1996 in Wien – Linz hatte sich meiner Ansicht nach selbst ins medizinische Abseits gespielt. In den Jahren nach der Operation gab es aus medizinischer Sicht keine besonderen Vorkommnisse – abgesehen von dem letzten Grand Mal-Anfall im Juni 1996, also kurz nach der Operation. Wenn ich mal hin und wieder Anfälle hatte, dann waren es „kleine Anfälle“, die nur ich merkte, die mir ein außenstehender normalerweise nicht ansah, da ich mit den Jahren die Erstickungsängste weitestgehend abbauen konnte. Es folgten im Sommer 2001 meine HAK-Matura und im Herbst desselben Jahres mein erster Job. Seit der Operation 1996 habe ich mir also – trotz Epilepsie und Medikamenteneinnahme – eine relativ „heile Welt“ aufgebaut, in der ich es – wider den Ratschlägen meines Chirurgen (dessen Kontrollen habe ich gewissenhaft eingehalten) – nicht einmal für nötig erachtete, neurologische Betreuung in Anspruch zu nehmen.
Wer hoch steigt, fällt eben tief – und so kam also im September 2003 (es war Freitag, der 13.), was kommen musste: Der erste Grand Mal-Anfall seit 1996. Infolge dessen ging es ein Jahr lang sowohl physisch als auch psychisch stetig bergab, ich hatte wieder mehr Anfälle (auch Grand Mal) und immer öfter depressive Phasen.
Erst die Epilepsie-Monitoring-Untersuchung, der ich mich Ende Oktober 2003 unterzog, drehte mich wieder um 180°. Daraufhin suchte ich immer öfter den Erfahrungsaustausch mit anderen Betroffenen.
Die vielen lieben Menschen, die ich dadurch kennen lernen durfte, die beim Monitoring gemachten Erfahrungen und die im Februar 2004 erfolgte zweite Gehirn-Operation (an derselben Stelle wie 1996) lassen mich nun wieder Positives am Leben sehen und dadurch sehr optimistisch in die Zukunft blicken.
Flo